Die systematische Literaturrecherche – ein unverzichtbares Instrument im Rahmen der Nutzenbewertung

Dieser Blogpost thematisiert die Relevanz einer systematischen Literaturrecherche im Rahmen des AMNOG gemäß § 35a SGB V.

Ziel einer systematischen Literaturrecherche (SLR) ist die fokussierte Beschaffung von Informationen zu einer vorher festgelegten Fragestellung, welche im Kontext der Nutzenbewertung gemäß § 35a Sozialgesetzbuch V (SGB V) beispielsweise die Identifikation relevanter Evidenz für das zu bewertende Arzneimittel zum Ziel hat. Die SLR wird basierend auf zuvor festgelegten Suchkriterien wie z. B. des Wirkstoffnamens und der relevanten Indikation in verschiedenen einschlägigen Datenbanken durchgeführt. Die auf diese Art identifizierten Quellen werden hinsichtlich ihrer Relevanz für die Fragestellung anhand von prädefinierten Kriterien einer inhaltlichen Beurteilung unterzogen. So wird sichergestellt, dass nach Durchführung der SLR lediglich die für die Fragestellung relevanten Quellen für eine Informationsextraktion verwendet werden.

Durchführung von SLR zur Identifikation relevanter Evidenz für das zu bewertende Arzneimittel

Im Rahmen der Erstellung des Dossiers zur Nutzenbewertung gemäß § 35a SGB V ist eine SLR für die Identifikation relevanter Studien zwingend erforderlich. Hierfür liefert die Vorlage des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) für das Modul 4 („Medizinischer Nutzen und medizinischer Zusatznutzen, Patientengruppen mit therapeutisch bedeutsamem Zusatznutzen“) die entsprechende Rahmenvorgabe. So ist eine Suche nach randomisiert kontrollierten Studien (Randomized Controlled Trial, RCT) mit dem zu bewertenden Arzneimittel verpflichtend durchzuführen. Inwiefern hier eine SLR nach weiteren Studienarten wie z. B. nach nicht vergleichenden Studien oder nach Studien für einen indirekten Vergleich notwendig ist, hängt von der jeweiligen Sachlage bezüglich des zu bewertenden Arzneimittels ab.

Eine erweiterte SLR kann insbesondere dann sinnvoll sein, wenn zum zu bewertenden Arzneimittel keine RCT vorliegen oder aber die identifizierten RCT keinen adäquaten Vergleich gegenüber der vom G-BA bestimmten zweckmäßigen Vergleichstherapie (ZVT) darstellt. In diesen Konstellationen ist dann unter Berücksichtigung strategischer Eckpunkte wie z. B. der tatsächlich zur Verfügung stehenden Evidenz, der strategischen Ausrichtung für die Nutzenbewertung und die sich daran anschließende Preisverhandlung sowie der Positionierung des zu bewertenden Arzneimittels im therapeutischen Gesamtkontext der relevanten Indikation eine adäquate und gezielte Recherchestrategie die entscheidende Ausgangsbasis, um alle potenziell relevante Evidenz in die finale Entscheidung bezüglich der Darstellung im Dossier zur Nutzenbewertung und somit für die Ableitung des Zusatznutzens heranziehen zu können. Nur eine sachgerecht durchgeführte SLR ermöglicht hier das Ausloten aller strategischen Möglichkeiten unter gleichzeitiger Vermeidung der Nicht-Akzeptanz der SLR aufgrund methodischer Mängel oder von nachträglich durch das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) oder den G-BA identifizierten Studien.

Weitere mögliche SLR im Rahmen der Nutzenbewertung und damit zusammenhängende Prozesse 

Auch für das Modul 3 („Zweckmäßige Vergleichstherapie, Anzahl der Patienten mit therapeutisch bedeutsamem Zusatznutzen, Kosten der Therapie für die GKV, Anforderungen an eine qualitätsgesicherte Anwendung“) sind SLR optional möglich und in vielen Fällen empfehlenswert, um den dargestellten Inhalten eine höhere Validität zu verleihen. Insbesondere hervorgehoben in der entsprechenden Vorlage des G-BA sind hier die Themenkomplexe Epidemiologie und Kosten. So kann für die Epidemiologie eine SLR durchgeführt werden, um Angaben zur Häufigkeit der Erkrankung in Deutschland und danach in Abhängigkeit der erzielten Ergebnisse erweitert in Europa und/oder weltweit zu identifizieren. Hierbei ermöglicht die SLR einen schnellen Überblick über die vorhandenen Quellen, um diese effizient sichten und sich für eine Strategie für die Herleitung der Patientenzahlen entscheiden sowie die valide Bestimmung der Patientenzahlen sicherstellen zu können. Im Rahmen einer reinen unsystematischen Handsuche besteht hier immer das Risiko, relevante Quellen zu übersehen. Für die Kosten bietet sich eine SLR z. B. dann an, wenn die vom G-BA identifizierte ZVT eine symptomorientierte patientenindividuelle Therapie darstellt und hier konkret und gezielt zur Verfügung stehende Maßnahmen/Therapiemöglichkeiten adressiert werden sollen, um entsprechende Kosten für diese Therapien darstellen zu können. Hier kann eine SLR insbesondere bei der sich an die Nutzenbewertung anschließenden Preisverhandlung hilfreich sein.

Weitere mögliche Einsatzfelder einer SLR ergeben sich beispielsweise im Rahmen von Beratungsgesprächen mit dem G-BA (z. B. zur Identifizierung der ZVT oder für eine Vorabrecherche zu möglichen Studien) oder zur strategischen Vorbereitung von Preisverhandlungen, um relevante Konkurrenzpräparate und deren Studien(daten) systematisch zu identifizieren. Die Möglichkeiten einer SLR sind dabei äußerst vielfältig und bieten sich für die verschiedensten Fragestellungen an.

Sie haben Fragen?

Kontaktieren Sie uns einfach per Email und wir beraten Sie gern!